Der Zellerfelder Kunstgraben

Zellerfelder Kunstgraben
Steinerne Bögen über dem Zellerfelder Kunstgraben
Der Zellerfelder Kunstgraben ist ein denkmalgeschützter historischer Wassergraben im Oberharz. Er wurde einst für Bergbauzwecke angelegt und befindet sich nördlich von Clausthal-Zellerfeld. Sein Name weist auf die geografische Lage und die ursprüngliche Aufgabe des Grabens hin. Er diente der Versorgung der Bergwerke des Zellerfelder Hauptzuges mit Wasser zum Antrieb der dortigen riesigen hölzernen Kunst- und Kehrräder. Dieser ergiebige Erzgang verläuft vom Nordrand der ehemals freien Bergstadt Zellerfeld bis in die Gegend östlich von Wildemann.

Der Bau des Zellerfelder Kunstgrabens

Die Fernwasserversorgung Zellerfelder Kunstgraben transportierte Wasser aus dem Gebiet der Schalke zu den Zellerfelder Bergwerken heran, nachdem die vor Ort verfügbaren Wasservorkommen in deren Umfeld bereits vollständig genutzt wurden. Der Bergbau im Zellerfelder Revier blühte schon in der frühen Neuzeit auf, was auch eine frühzeitige Erweiterung des Einzugsgebietes zur Erlangung der nötigen Ressourcen erforderlich machte.

Die Erschaffung wesentlicher Teile des Zellerfelder Kunstgrabens begann vermutlich in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Als das Wasserbauwerk im Jahre 1680 erstmals in einem der Nachwelt erhalten gebliebenen Schriftstück erwähnt wurde, war es wohl bereits rund drei Jahrzehnte alt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wies der Graben eine Länge von etwa 9500 Metern auf. Das Gefälle auf dieser Gesamtstrecke beläuft sich auf lediglich rund 15 Meter. Der Zellerfelder Kunstgraben war in der Lage, etwa 200 Liter Wasser pro Sekunde zu transportieren. In Anbetracht der damaligen Mittel und Möglichkeiten stellt der Bau dieses Wassergrabens eine ingenieurtechnische Spitzenleistung dar.

Die rund einen Meter hohen Grabenwände wurden in Form von Trockenmauerwerk ausgeführt. Diese Bauform hat sich in der rauhen Harzer Witterung mit ihren großen Temperaturschwankungen als besonders widerstandsfähig erwiesen. Daher kam diese mörtellose Konstruktion aus regional gewonnenen Natursteinen auch bei vielen anderen Wassergräben im Oberharz zu Einsatz.

Der Verlauf des Wassergrabens

Der Zellerfelder Kunstgraben beginnt am Fuße des Großen Kellerhalsteiches auf einer Höhe von rund 564 Metern über dem Meeresspiegel, wo er vom Grundablaß dieses besonders großen Bergbauteiches gespeist wird. Zunächst verläuft der Wassergraben in Richtung Süden am Hang eines Ausläufers des Kahlenberges entlang und nur wenige dutzend Meter östlich der Bundesstraße 241. Nach rund 400 Metern schwenkt er nach Südosten hin zum Dammfuß des etwa einen Kilometer entfernten Kiefhölzer Teiches. Dort erfolgt eine Wendung nach Südwesten in Richtung Erbprinzentanne, um anschließend dem südöstlich gelegenen Schröterbacher Teich entgegenzufließen. Am Fuß dieses Teiches ändert sich die Fließrichtung des Zellerfelder Kunstgrabens erneut nach Südwesten. Etwa 600 Meter südwestlich dieses Staugewässer unterquert der Wassergraben die Bundesstraße 241. Er verläuft anschließend am Wiesenhang entlang südlich um den Stadtweger Teich und dann mit mehrfachen Richtungswechseln nördlich um die Bockswieser Höhe herum.

Ungefähr um das Jahr 1700 herum entstand nordwestlich von Zellerfeld am Zellerfelder Kunstgraben ein Grabenhaus mit einer Anlage zur Verteilung des Wassers. Dort bestand einerseits die Möglichkeit zur Einleitung des Grabenwassers in den Winterwieser Wasserlauf, welches dann von diesem Standort aus durch den Wasserstollen bis zum Mittleren Zechenteich floß.

Eine andere Option war die Weiterführung des Wassers im Graben bis zur Grube "Neuer St. Joachim" im oberen Stuffenthal östlich von Wildemann. Nach der Einstellung des dortigen Bergbaus im späten 19. Jahrhundert wurde das etwa 2700 Meter lange Teilstück des Wassergrabens zwischen dem Abzweig zum Winterwieser Wasserlauf und dem Bergbaurevier bei Wildemann aufgegeben. Seither wird das gesamte Wasser des Zellerfelder Kunstgrabens in den Mittleren Zechenteich eingeleitet.

Die Quellen und Abflüsse des Wassergrabens

Der bedeutendste Teil des Wassers im Zellerfelder Kunstgraben stammt aus dem Mittleren bzw. Großen Kellerhalsteich, welcher mit einem Fassungsvermögen von etwa 474.000 Kubikmetern der drittgrößte der historischen Oberharzer Bergtbauteiche ist. Auf seinem Weg zu den Erzgruben des Zellerfelder Hauptzuges nahm der Graben unterwegs weiteres Wasser aus dem Kiefhölzer und dem Schröterbacher Teich sowie indirekt auch aus dem Zankwieser Teich auf. Mit der Speisung aus diesen Speichergewässern stellt er somit gewissermaßen auch eine Fortsetzung des Unteren Schalker Grabens dar. Darüber hinaus fließen dem Zellerfelder Kunstgraben aus diversen, auf der Route liegenden kleineren namenlosen Bächlein zusätzliche Mengen des kostbaren Nasses zu sowie in geringerem Umfang auch aus Niederschlägen stammende Oberflächenwasser.

Der Zellerfelder Kunstgraben folgt dem natürlichen Höhenverlauf des Geländes mit sehr geringem Gefälle, um die darin befindlichen Wasser so hoch wie möglich zu halten und damit so vielen Bergbauanlagen wie möglich zur Verfügung zu stellen. Man war also bemüht, auch den letzten verfügbaren Tropfen noch nutzbar zu machen, jedoch war das Wasser nicht zu jeder Zeit knapp. Wenn der Graben z.B. im Frühjahr nach der Schneeschmelze die Mengen nicht mehr bewältigen konnte, bestand die Möglichkeit, über einen Fehlschlag überschüssiges Wasser in den Stadtweger Teich abzuleiten.

Steinerne Bögen über dem Zellerfelder Kunstgraben

In vergangenen Jahrhunderten waren die Winter im Oberharz nicht nur ungemütlich, sondern im Vergleich zu heute auch sehr kalt. Lange Frostperioden waren üblich und somit bestand in der kalten Jahreszeit stets die Gefahr des Einfrierens der offenen Wassergräben. Die Bergleute versuchten, dies durch das Abdeckung des Grabens mit Reisig zu verhindern.

Doch die jahrelange Bergbautätigkeit hatte Holz in jeglicher Form zu einem knappen Gut gemacht. Um dieses Material zu sparen, wurden die Trägerelemente dieser Reisigabdeckungen aus den im Gebirge reichlich vorhandenen Steinen gefertigt. Die so entstandenen typischen Gewölbebögen sind am Zellerfelder Kunstgraben noch heute nahe der Unterquerung der Bundesstraße 241 nördlich von Clausthal-Zellerfeld zu sehen.

Man errichtete die steinernen Bögen in einer den Trockenmauern vergleichbaren Bauweise. Somit erhielt sich eine derartige mörtellose Konstruktion allein durch ihre Form und die Schwerkraft. Sie war ganz klar erkennbar nicht für die Ewigkeit gedacht, weshalb in unseren Tagen auch die meisten dieser Natursteinbrücken nicht mehr vorhanden sind. Die wenigen Exemplare am Zellerfelder Kunstgraben, welche die Zeiten überdauert haben, stellen daher eine auch historisch bedeutsame Rarität dar.

Nutzung nach dem Ende der Bergbau-Ära

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts schlossen nach und nach die Bergwerke um Clausthal-Zellerfeld. Damit war auch der Wassergraben obsolet und wäre in früheren Zeiten vermutlich aufgegeben und einfach sich selbst überlassen worden. Doch dieses Schicksal blieb dem Zellerfelder Kunstgraben zumindest in wesentlichen Teilen erspart.

Der Grund hierfür war die Nachnutzung der wasserwirtschaftlichen Anlagen zum Zweck der Erzeugung von elektrischer Energie. Bis zum Jahre 1980 wurde das Wasser aus dem Zellerfelder Kunstgraben über den Mittleren Zechenteich dem Kraftwerk im Ottilae-Schacht zugeführt. Dort trieb es zwei Peltonturbinen mit einer Gesamtleistung von rund 1,5 MW an. Nach getaner Arbeit floß das Wasser über den Ernst-August-Stollen aus dem Gebirge heraus.

Der Wasserwanderweg "Zellerfelder Kunstgraben"

Eine gute Möglichkeit, den Zellerfelder Kunstgraben näher kennenzulernen, ist eine Wanderung auf dem gleichnamigen Wasserwanderweg. Dieser wurde als Rundweg angelegt und ist rund 12,5 Kilometer lang. Auf Grund der Streckenführung sehen Sie bei der Wanderung weit mehr als "nur" den historischen Wassergraben. Unterwegs treffen Sie auf zahlreiche Hinweistafeln, welche die Funktion des Grabens im Allgemeinen und die der einzelnen Bauwerke im Besonderen erläutern sowie Zusammenhänge veranschaulichen.

Der Wasserwanderweg nutzt auf großen Abschnitten den einstigen Bedienungsweg neben dem Zellerfelder Kunstgraben. Der Weg, welcher meist auf dem talseitigen Damm verläuft, diente in der Bergbauzeit vor allem Wartungsarbeiten sowie der Sicherstellung des Winterbetriebes. Auf diesem Streckenabschnitt gibt es nur minimale und vor Ort kaum spürbare Höhenunterschiede.

Außer dem Zellerfelder Kunstgraben, welchem Sie auf dem Wasserwanderweg vom Großen Kellerhalsteich bis zur Einmündung in den Winterwieser Wasserlauf folgen können, berührt die Wanderroute auch das Spiegelthal mit den dortigen Spiegelthaler Teichen. Des Weiteren kommen Sie an mehreren alten Mühlenstandorten im Oberen Spiegeltal vorbei. Im Bereich des Unteren Kellerhalsteiches folgt der Wegverlauf einem Stück der historischen "Alten Harzstraße".

Sie können die Wanderroute entlang des Grabens individuell an Ihre Vorstellungen anpassen und an zahlreichen Stellen vom vorgegebenen Verlauf abweichen und die Strecke somit verkürzen oder auch verlängern. Als Markierung des weitestgehend nicht barrierefreien Weges dient ein symbolisiertes Kehrrad und die Zahl "22" als Nummer des Wanderweges.

Heutige Bedeutung und Schutzstatus

Seit dem Jahre 1978 steht der einst für Bergbauzwecke angelegte Wassergraben als Bestandteil des Kulturdenkmals "Oberharzer Wasserregal" unter Schutz. Mitsamt all den anderen Bauwerken der historischen Oberharzer Wasserwirtschaft gehört er seit 2010 außerdem zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Die Anlage wird in unseren Tagen von den Harzwasserwerken betrieben und mit viel Aufwand gepflegt und instand gehalten. Der Abschnitt zwischen dem Kiefhölzer Teich und dem Winterwieser Wasserlauf ist nach wie vor völlig intakt und wird wie seit Jahrhunderten zum Wassertransport verwendet. Dessen Nutzen besteht vor allem im Erhalt der geschichtsträchtigen Anlage, welche bei Trockenlegung einer verstärkten, u.a. durch Kleintiere verursachten Erosion unterliegen würde.

Die Anfahrt zum Zellerfelder Kunstgraben

Für eine Wanderung entlang des Zellerfelder Kunstgrabens gibt es eine Vielzahl an möglichen Ausgangspunkten. Am Start des Wasserwanderweges am Großen Kellerhalsteich befindet sich ein kostenloser Parkplatz direkt an der Bundesstraße 241. Die Erkundung des historischen Kunstgrabens können Sie aber auch am Kiefhölzer Teich beginnen. In dessen Nähe steht an der Straße nach Festenburg ausreichend Parkfläche zur Verfügung. Des Weiteren gibt es am nördlichen Ortsrand von Zellerfeld diverse kleinere Parkmöglichkeiten. Sie können die Wanderung jedoch auch am Mittlerer Zechenteich beginnen, wo Sie im näheren Umfeld gleichfalls kostenfreie Stellplätze für ihr Fahrzeug finden. Darüber hinaus befinden sich einige wenige Stellflächen im Bereich Erbprinzentanne am Stadtweger Teich.

Der Zellerfelder Kunstgraben läßt sich natürlich auch gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad vom Stadtgebiet Clausthal-Zellerfeld aus erreichen. Bis in den Norden von Zellerfeld ist auch eine Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich.


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Der Zellerfelder Kunstgraben führt u.a. an diesen Orten vorbei:
Der Große Kellerhalsteich | Der Kiefhölzer Teich | Der Schröterbacher Teich | Der Stadtweger Teich

Der Wasserwanderweg "Zellerfelder Kunstgraben" berührt außerdem diese Lokalitäten und Bauwerke:
Der Untere Spiegeltaler Teich | Der Obere Spiegeltaler Teich | Der Spiegeltaler Wasserfall | Der Untere Kellerhalsteich | Die Alte Harzstraße

Weitere Informationen:
Clausthal-Zellerfeld | Das Oberharzer Wasserregal | Der Mittlere Zechenteich | Der Ottiliae-Schacht | Wasserwanderwege im Oberharz | Wandern im Harz

In der näheren Umgebung befinden sich außerdem:
Alte Bergbauteiche in und um Clausthal-Zellerfeld | Das Oberharzer Bergwerksmuseum | Der Schacht Kaiser Wilhelm II. | Die St.-Salvator-Kirche | Der Obere Schalker Graben | Der Stadtweger Graben | Wildemann

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