Die Alte Harzstraße

Meilenstein an der Alten Harzstraße
Historischer Meilenstein der Alten Harzstraße am Auerhahn
Die Alte Harzstraße ist eine etwa 35 Kilometer lange historische Handelsroute und ehemals bedeutende Verkehrsader im Oberharz aus der Zeit vor dem Automobil. Sie überquerte das Gebirge in Nord-Süd-Richtung und verband dabei die Harzstädte Goslar, Zellerfeld, Klausthal und Osterode miteinander. Auf diesem beschwerlichen und nicht ganz ungefährlichen Weg konnte man die zeitraubende und ebenfalls nicht völlig gefahrlose Umgehung des Harzes vermeiden.

Entstehung der Straße

Wann die Alte Harzstraße angelegt wurde, läßt sich mangels Überlieferungen heute nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Vermutlich entstand sie im 13. Jahrhundert, wobei es wahrscheinlich ist, dass bei ihrem Bau bereits existiernde Wegverläufe genutzt bzw. diese einfach nur miteinander verbunden wurden. Erstmals urkundlich als "Heerstraße" erwähnt wurde die Harzstraße im Jahre 1457. Diese Bezeichnung deutet auch auf eine militärische Nutzung des Weges hin.

Eine weitere Verwendung der Route war die durch Pilgernde, welche auf dem Weg nach Rom und anderen heiligen Stätten nun einige Tage an Zeit einsparten, wenn sie den Harz auf kürzester Strecke überqueren konnten. Hiermit deutete sich eine quasi prätouristische Nutzung des Weges durch das Gebirge an.

Erschließung des Oberharzes

Die Handelsstraße führte quer durch eine seinerzeit noch fast unzugängliche und beinahe menschenleere Wildnis. Sie dürfte bei der wirtschaftlichen Erschließung des Oberharzes eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Neben den Waren aus den wohlhabenden Städten am Harzrand konnten über diese Route schließlich auch die Produkte der Forstwirtschaft und des Bergbaus in die Welt hinaus transportiert werden.

Des Weiteren gelangten auf der Harzstraße Menschen in die oberen Gebirgsregionen, welche sich sonst nie in diese Bergwildnis verirrt hätten. So wurde dieses Gebiet auch über den engsten geografischen Umkreis hinaus bekannt.

Straßenzustand

Die Bezeichnung "Harzstraße" soll Sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier zumindest in der Ära des Mittelalters und der frühen Neuzeit um einen überwiegend unbefestigten Weg handelte. Im Winter und nach ausgiebigen Regenfällen war das Vorwärtskommen auf dieser Harzquerung entsprechend mühselig. Stellen Sie sich einfach einen aufgeweichten Waldweg unserer Tage nach der Durchfahrt verschiedener schwerer Forstwirtschaftsfahrzeuge vor.

Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit beim Straßenbau erfolgte die Anlage mit teilweise sehr steilen Abschnitten. Selbst in ihrer letzten Ausbaustufe war die Harzstraße nur für Pferdefuhrwerke gedacht. Sie maß in der Breite lediglich etwa 2,50 Meter, damit gab es nur eine Spur für beide Fahrtrichtungen. An einigen breiteren Stellen konnte dem Gegenverkehr ausgewichen werden.

Um das Jahr 1820 erfolgte eine Befestigung des Untergrundes, wobei die Harzstraße erstmals eine durchgehende Schotterdecke erhielt. Die Fahrt auf dieser Handelsroute war von diesem Zeitpunkt an ein kleines bißchen weniger von der Witterung abhängig. Den äußeren Anlaß für den Straßenausbau stellte der angekündigte Besuch des Königs Georg IV. im Harz dar.

Eine Handelsroute verändert die Landschaft

Die Straße hatte bei der allmählichen Veränderung der von ihr durchquerten Landschaft eine nicht unerhebliche Bedeutung. Entlang der Route blühten nicht nur der Handel mit regionalen Produkten des Waldes sowie die Gastwirtschaft auf, sondern es entstanden auch kleine Siedlungen der Waldarbeiter und später der Bergleute.

Vor allem der Bergbau hinterließ schon recht bald deutliche Spuren in seinem näheren Umfeld. Sein enormer Holzbedarf reduzierte die undurchdringliche Waldwildnis und schuf freie Flächen mit entsprechender Sicht. Neben Holz benötigten die Bergwerke Unmengen an Wasser, welches gestaut und transportiert werden musste. Auch diese Maßnahmen veränderten das Antlitz der Gebirgslandschaft dauerhaft bis in unsere Tage hinein.

Sicher wäre der Bergbau auch ohne die historische Harzquerung früher oder später zu seiner Blüte gelangt, doch die Verkehrsverbindung förderte ihn zweifellos. Eine ertragreiche Montanwirtschaft ohne Transportwege hätte zudem nach einer Handelsroute verlangt, so dass die Entstehung der Harzstraße zwangsläufig hätte nachgeholt werden müssen.

Rastplätze und weitere Infrastruktur für Reisende

Entlang der Harzstraße entstanden jedoch nicht nur Siedlungen, sondern auch eine speziell auf die Reisenden ausgerichtete Infrastruktur. Neben Pferdetränken und diversen Rastplätzen wurden auch Gasthäuser errichtet, welche wohl auch Übernachtungsmöglichkeiten im Angebot hatten.

Einen besonders exponierten Punkt stellte die Passhöhe Auerhahn dar. Hier baute man im Jahre 1675 ein Gasthaus, welches bis heute zu sehen ist. Wenige hundert Meter südlich dieser Raststätte befindet sich der höchste Punkt der Alten Harzstraße auf einer Höhe von etwas mehr als 660 Metern über dem Meer.

Die Bundesstraße 241 als Ersatz der Alten Harzstraße

Eine im Mittelalter angelegte Verkehrsverbindung erfüllt irgendwann nicht mehr die Erfordernisse einer modernen Industriegesellschaft. In den 1920er und 1930er Jahren wurde deshalb die heutige Bundesstraße 241 weitestgehend parallel zum Verlauf der Alten Harzstraße erbaut. Die gefährlichen und nur mühsam zu erklimmenden Steilstrecken im Norden und Süden der Route ersetzte man durch weit ausladende Serpentinen. Auf einigen Abschnitten im Gebirge jedoch folgt die Bundesstraße noch heute direkt der Strecke der historischen Route. Somit orientiert sich auch die moderne Straße an einem jahrhundertealten Wegverlauf.

Der Verlauf der historischen Handelsroute

Der nördliche Start- und Zielpunkt der Alten Harzstraße befindet sich in Goslar am Klaustor, einem der südlichen Stadttore in der massiven Stadtmauer. Neben dem Tor steht die Klauskapelle, welche Kaufleuten und Pilgern eine letzte Möglichkeit bot, vor Antritt der gefährlichen Reise um göttlichen Beistand zu bitten bzw. wo diese direkt nach der Ankunft in Goslar ein Dankgebet sprechen konnten.

Ein kurzes Stück führt der geschichtsträchtige Weg durch das untere Gosetal, bevor er nach rechts abbiegt und die Reisenden südwestlich auf den Glockenberg hinauf begleitete. Dort gab es in der Anfangszeit eine sehr steile Route, welche zu späterer Zeit durch eine neuere, etwas längere und weniger beschwerliche Strecke abgelöst wurde.

Beide Teilstücke treffen sich wenige hundert Meter nordwestlich der heutigen zweiten Haarnadelkurve der Bundesstraße 241. Der Wegverlauf der Alten Harzstraße führt nun westlich der heutigen Straße direkt auf den Bocksberg zu. Am Auerhahn kreuzen sich die historische und die moderne Route.

Die Alte Harzstraße verläuft von dieser Passhöhe aus weiter in Richtung Oberer Kellerhalsteich und passiert das Gewässer rund einhundert Meter westlich ohne Sichtkontakt. Sie trifft wenig später wieder auf die Bundesstraße und passiert dort den gleichnamigen Parkplatz. Weiter geht es zum Unteren Kellerhalsteich, welchen die historische Route am Westende des Staudammes tangiert.

Durch das obere Spiegeltal verläuft die Strecke nun in Richtung Erbprinzentanne. Ab dort folgt sie dem Verlauf der heutigen B241 um den Stadtweger Teich herum und direkt durch Zellerfeld hindurch bis zum Alten Bahnhof der Innerstetalbahn. Anschließend durchquert die Route den Stadtteil Clausthal auf kürzestem Weg über die Straßen Zellbach, Adolph-Roemer-Straße und Osteröder Straße.

Ab dem Ortsausgang vereinen sich die alte und die moderne Streckenführung auf der heutigen Bundesstraße 241 erneut. Die Straße verläuft dann etwa 700 Meter westlich von Buntenbock vorbei. Jenseits dieses Ortes weicht die historische Strecke aber wieder von der heutigen Trasse ab. Sie führt geradewegs durch den Wald und verläuft dort rund 200 Meter nördlich der Kuckholzklippe.

Im Anschluß ist die historische Strecke wieder ein Stück weit identisch mit der heutigen Straße. Bald aber biegt sie dann nach links nach Lerbach ab. Die dortige "Obere Harzstraße" entspricht dem mittelalterlichen Wegverlauf.

Hinter Lerbach gibt es wieder ein kurzes gemeinsames Wegstück mit der Bundesstraße. Ab der Siedlung Freiheit folgt der einstige Handelsweg dem Verlauf der gleichnamigen Straße "Alte Harzstraße" bis nahe der Alten Burg und führt dann über die Straße Johannisvorstadt bis zum Stadtzentrum von Osterode.

Relikte der Alten Harzstraße in unseren Tagen

Zur Befestigung war die Straße in ihrem letzten Ausbauzustand mit Steinen gepflastert. Dieses alte Kopfsteinpflaster ist samt der Spurrillen der Wagen auch in unserer Zeit noch an vielen Stellen vorhanden.

Entlang der Strecke stellte man in vergangenen Tagen steinerne Wegweiser auf. In gewisser Weise ist dieses Verfahren auch heute noch üblich, auch wenn die verwendeten Materialien andere sind. Zahlreiche der Meilensteine haben die Zeiten überdauert. Sie können diese bei einer Wanderung betrachten - wie z.B. den auf dem Bild ersichtlichen, welcher wie eh und je am Auerhahn steht.

In unseren Tagen kann man im Raum Lerbach und Osterode zahlreiche geografische Bezeichnungen rund um die Alte Harzstraße finden. Diese Benennungen reichen von der gastronomischen Einrichtung bis zur Wohnstraße. Auch an anderen Stellen im Umfeld der geschichtsträchtigen Verkehrsverbindung gibt es diverse namentliche Hinweise auf den alten Handelsweg.

Wandern auf der Alten Harzstraße

Mit der fortschreitenden Fertigstellung der heutigen Bundesstraße 241 verlor die Alte Harzstraße allmählich ihre bisherige Funktion und Bedeutung. Als Verkehrsweg war sie dadurch zwar überflüssig geworden, doch ein neuer touristischer Verwendungszweck eröffnete der historischen Route zukunftsträchtige Perspektiven. Die gesamte Strecke ist nun seit vielen Jahren schon ein beliebter Wanderweg, welcher teilweise auch durch die Forstwirtschaft genutzt wird.

Auf dieser sowohl landschaftlich als auch geschichtlich interessanten Wanderroute folgen Sie übrigens den Spuren von Heinrich Heine. Dieser lief in der Zeit vom 14. bis 17. September 1824 laut seiner Beschreibung in der "Harzreise" die Strecke von Osterode über Clausthal bis nach Goslar zu Fuß.

Ebenso wie bei Heinrich Heine empfiehlt es sich auch für alle anderen, die Wanderung auf der Alten Harzstraße in mehrere Tagesetappen aufzuteilen. Nur so können Sie die Landschaft in Ruhe genießen und die entlang der Route liegenden unzähligen Attraktionen besichtigen.

Viele heutige Wanderwege überqueren den alten Handelsweg oder folgen ihm ein Stück weit im Verlauf. Zu diesen Wegen gehören u.a. der Liebesbankweg und der Wasserwanderweg "Zellerfelder Kunstgraben". Der gesamte Streckenverlauf der "Alten Harzstraße" ist außerhalb der Ortschaften nicht barrierefrei.


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Entlang der Route der "Alten Harzstraße" gibt es eine Vielzahl an Attraktionen der unterschiedlichsten Art. Zu diesen gehören u.a.:
Die Klauskapelle | Der Liebesbankweg | Der Wasserwanderweg "Auerhahn-Teichkaskade" | Der Auerhahn-Teich | Der Untere Kellerhalsteich | Der Obere Schalker Graben | Der Stadtweger Teich | Der Stadtweger Graben | Der Zellerfelder Kunstgraben | Der Hasenbacher Teich | Die Kuckholzklippe | Die Alte Burg in Osterode

Weitere Informationen:
Goslar | Clausthal-Zellerfeld | Lerbach | Osterode | Die Bundesstraße 242 (Klausstraße) | Wandern im Harz

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