Die Grube Caroline
Im Jahre 1705 war es dann soweit. Am südöstlichen Ende des Burgstätter Reviers - also ein wenig östlich von Clausthal - stieß man in der Grube Dorothea auf eine reichhaltige Lagerstätte. Das bislang defizitäre Bergwerk arbeitete bereits kurz darauf mit Gewinn, so dass auch im benachbarten, bislang nicht erforschten Grubenfeld Erkundungsarbeiten durchgeführt wurden.
Historische Entwicklung der Grube Caroline
Das südöstlich der Grube Dorothea gelegene Grubenareal versprach also reiche Erträge und die hohen Erwartungen sollten nicht enttäuscht werden. An der Oberfläche hatte das Abbaugelände lediglich eine Größe von drei Maß, was 84 Lachtern oder ca. 161 Metern entsprach. Auf diesem relativ kleinen Gebiet, welches theoretisch aber unbegrenzt in die Tiefe reichte, spielte sich die folgende Handlung einer der wirtschaftlich erfolgreichsten bergbaulichen Unternehmungen im Oberharz ab.Die Grube Caroline wurde im Jahre 1711 gemutet und bereits im folgenden Winter nahmen die Bergmänner in der neu entstandenen Silbermine ihre Arbeit auf. Für den kurzen Zeitraum von lediglich drei Quartalen mußten die Inhaber der insgesamt 130 Kuxe eine geringe Zubuße zahlen. Ab dem Jahre 1713 erfolgten mehr als ein Jahrhundert lang ununterbrochen quartalsweise Ausbeutezahlungen in unterschiedlicher Höhe.
Da die Erzgrube sehr hoch lag, konnte ihr Energiebedarf zunächst nur zum Teil durch Wasserkraft gedeckt werden. Aus diesem Grund kamen in der frühen Phase des Erzabbaus in der Grube Caroline Pferdegöpel zum Einsatz.
Um den Wassermangel zu beheben, wurden von den Bergleuten enorme Anstrengungen unternommen, welche im Bau zahlreicher komplexer wasserwirtschaftlicher Anlagen gipfelten. Es würde hier zu weit führen, die einzelnen Elemente dieses weltweit einzigartigen historischen Wasserverbundsystems vollständig zu benennen. Daher sei hier lediglich auf die Anlagen des "Oberharzer Wasserregals" verwiesen, in welchem sie alle vereint sind.
Schon im Jahre 1720 konnten durch etwa 70 Arbeiter in der Grube Caroline pro Woche rund 90 Tonnen silberhaltiges Erz abgebaut werden. Diese Förderleistung steigerte sich weiter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.
Die Stollen des Bergwerkes wurden im Verlauf der Jahrzehnte immer tiefer in den Berg vorgetrieben. Im Jahre 1731 betrug die Teufe 171 Meter, 1775 bereits 335 Meter und im Jahre 1821 hatte die Grube eine Tiefe von 488 Meter unter der Erdoberfläche erreicht, welche auch die Endteufe darstellen sollte.
Der Gewinn des Silberbergwerkes nahm nun von Jahr zu Jahr immer deutlicher ab. Die letzte Ausbeutezahlung erfolgte 1829. Dennoch dauerte es noch ungefähr weitere 38 Jahre bis zur endgültigen Einstellung des Erzabbaus.
Der historische Oberharzer Bergbau ist bekannt für seine technologischen Innovationen. Auch in der Grube Caroline wurde daher Technikgeschichte geschrieben. So verzeichnete man hier im Juli des Jahres 1834 den erstmaligen erfolgreichen Einsatz des von Oberbergrat Albert erfundenen Drahtseils zur Förderung des dem Berg abgerungenen metallhaltigen Gesteins.
Die Namensgeberin
Das ertragreiche Silberbergwerk wurde nach Wilhelmina Charlotte Caroline von Brandenburg-Ansbach (1683-1737) benannt. Sie war seit dem Jahre 1705 die Ehefrau von Georg August von Hannover, dem späteren britischen König Georg II.. Daher trug sie dementsprechend den Titel der Kurfürstin von Hannover und seit 1727 außerdem den der Königin von Großbritannien und Irland. Wilhelmina Charlotte Caroline von Brandenburg-Ansbach gilt übrigens auch als Namensgeberin der beiden US-Bundesstaaten North- und South-Carolina, welche seinerzeit britische Kolonien waren.Neben der Bezeichnung "Caroline" findet sich für das Silberbergwerk bereits in historischer Zeit auch die Schreibvariante "Carolina". Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass bereits zu Lebzeiten der Kurfürstin beide Namen sowohl für sie selbst als auch für das nach ihr benannte Bergbauunternehmen synonym verwendet wurden.
Das Bergwerk als erfolgreiches Wirtschaftsunternehmen
Die Grube Caroline ragte von Beginn an auf Grund ihrer enormen Ertragskraft hervor, was sie auch im Vergleich mit den ebenfalls ergiebigen benachbarten Silberminen des Burgstätter Reviers außergewöhnlich machte. Nach ihrer Mutung mussten die Anteilseigner des als bergbauliche Gewerkschaft firmierenden Unternehmens lediglich drei Quartale - von Reminiscere bis Crucis 1712 - Zubuße von jeweils vier Mariengulden pro Kux leisten. Schon ab Luciä 1712 gelangte die Silbergrube in den Freibau und zu Trinitatis 1713 erfolgte mit vier Speciesthalern je Kux die erste Ausbeutezahlung.Noch im selben Jahr 1713 stieg die anteilige Gewinnausschüttung auf beachtliche 24 Thaler auf Jahressicht. Der Preis für ein Kux lag damals bei 920 Thalern, was diesen für Normalverdiener unbezahlbar machte, jedoch zu diesem Zeitpunkt immer noch eine hervorragende Investition gewesen wäre.
Schon im Jahre 1721 lag die Ausbeute der Grube Caroline bei 200 Thalern je Kux und der Preis für solch einen Anteil am Unternehmen kletterte auf 3000 Thaler. Die höchste Ausbeutezahlung erfolgte 1747 mit 250 Thalern, was den Preis für ein Kux auf atemberaubende 4200 Thaler trieb. Nach einem zwischenzeitlichen leichten Rückgang erreichte im Jahre 1781 die Ausbeute wieder einen Wert von 216 Thalern für jeden Anteil. Der Kuxpreis stieg auf beinahe unglaubliche 5600 Thaler an, was auch das historische "all-time high" markierte. Dieser Preis entsprach seinerzeit ungefähr dem hundertfachen Jahreslohn eines einfachen Arbeiters und immerhin noch rund dem 50fachen Jahresgehalt eines Lehrers.
Das Unternehmen besass zu diesem Zeitpunkt einen Gesamtwert von etwa 730.000 Thalern. Man muss dabei bedenken, dass es sich nicht um einen großen Konzern, sondern lediglich um einen Schacht mit dem eingangs beschriebenen eng begrenzten Grubenfeld handelte.
Wie ergiebig diese räumlich kleine Lagerstätte war, zeigt sich auch in der Summe der Ausschüttungen. Von 1713 bis 1791 wurden insgesamt 1.791.140 Speciesthaler, also entsprechend 13.738 pro Kux, an die Anteilseigner ausgezahlt. All diese Silbermünzen hätten zusammen ein Gewicht von etwas mehr als 50 Tonnen auf die Waage gebracht.
Nun waren die Eigentümer der 130 Kuxe allerdings nicht die einzigen, die von den enormen Gewinnen der Grube Caroline profitierten. In etwa gleiche Höhe flossen auch Gelder in Form von Steuern und Vorkaufsrechten an den Staat bzw. den Landesherrn.
Nach 1791 ging der Ertrag des Silberbergwerkes allmählicher zurück. Um das Jahr 1822 wurden pro Quartal und Kux noch rund 9 Thaler Ausbeute an die Investoren ausgeschüttet. Das Ende der Ausbeutezahlungen datiert im Jahre 1829. Dennoch setzte man mit immer geringem Erfolg die Erzförderung in dem technologisch langsam veraltenden Bergwerk noch bis 1867 weiter fort.
Die Grube Caroline als Besucherbergwerk
Besucherbergwerke sind mitnichten eine Erfindung der jüngeren Vergangenheit. Bereits vor Jahrhunderten gab es einige wenige zahlungskräftige Menschen, welche die künstliche Untertagewelt mit eigenen Augen sehen wollten. Auch die Betreiber der Grube Caroline boten diese Dienstleistung gegen ein entsprechendes Entgelt allen Interessierten an. Zu den prominentesten Gästen im Bergwerk gehörten u.a. Johann Wolfgang von Goethe, James Watt und Heinrich Heine.Durch Heinrich Heines berühmtes Werk "Die Harzreise" fand das nach der Kürfürstin von Hannover benannte Bergwerk Eingang in die Weltliteratur. Auf die ihm eigene ironische Art charakterisierte er die von ihm besichtigte Silbermine mit den Worten "Das ist die schmutzigste und unerfreulichste Carolina, die ich je kennengelernt habe".
Zur Zeit des Besuches von Heinrich Heine in der Grube Caroline hatte der Niedergang dieses Oberharzer Bergwerkes bereits begonnen. Zwar arbeitete es noch profitabel, aber die Förderung des kostbaren Gesteins war mit stetig zunehmendem Aufwand verbunden. Die leicht zugänglichen Erzadern sind seinerzeit schon längst abgebaut gewesen.
In seinem Buch liefert der bekannte deutsche Dichter eine anschauliche Beschreibung der Befahrung der Grube Caroline und der damit einhergehenden Gefahren auch für den Gast unter Tage. So heißt es dort u.a.: "Die Leitersprossen sind kotig naß. Und von einer Leiter zur andern geht's hinab, und der Steiger voran, und dieser beteuert immer: es sei gar nicht gefährlich, nur müsse man sich mit den Händen fest an den Sprossen halten, und nicht nach den Füßen sehen, und nicht schwindlicht werden, und nur beileibe nicht auf das Seitenbrett treten, wo jetzt das schnurrende Tonnenseil heraufgeht, und wo, vor vierzehn Tagen ein unvorsichtiger Mensch hinuntergestürzt und leider den Hals gebrochen."
Heutzutage ist ein Besuch in einem historischen Oberharzer Bergwerk weit weniger beschwerlich und vor allem bedeutend sicherer. Dennoch sind für das Aufsuchen der untertägigen Areale gewisse Mindestvoraussetzungen nach wie vor erforderlich.
Erhaltene Relikte
Zumindest bei oberflächlicher Betrachtung ist heute für den Laien von der Grube Caroline nichts mehr zu sehen. Nach der Schließung des Bergwerkes wurden fast alle Gebäude, Wasserräder und sonstigen baulichen Anlagen abgerissen.Die zum Zweck der Energieversorgung für dieses und die anderen Bergwerke des Burgstätter Zuges angelegten Stauteiche, Wasserstollen und - gräben beherrschen aber bis in unsere Tage hinein das Landschaftsbild östlich von Clausthal-Zellerfeld.
Ein kleines und eher unscheinbares Gebäude hat dennoch die Zeiten überdauert. Es handelt sich dabei um das gemeinsam mit der angrenzenden Grube Dorothea genutzte Pulverhäuschen. Dort lagerte einst das Schwarzpulver, welches für Sprengungen unter Tage verwendet wurde. Heute befindet sich das Bauwerk auf dem Areal eines Gewerbebetriebes. Zuvor diente es jahrzehntelang als zu einem Sportplatz gehörender Geräteschuppen.
Neben den erwähnten wasserwirtschaftlichen Anlagen sind in unseren Tagen auch noch die zahlreichen Halden aus der Bergbau-Ära vorhanden. Sie weisen einen Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern auf und fügen sich somit gut in ihre Umgebung ein, ohne dass der künstliche Charakter zu sehr ins Auge fällt.
Die Stelle des einstigen Schachtes der Grube Caroline befindet sich heute auf einem nicht frei zugänglichen Firmengelände. Dort wird der Standort durch eine große, am Rande eines Teiches platzierte Kugel gekennzeichnet. Diese stählerne Skulptur können Sie gut vom Weg aus erkennen, von welchem sie rund 130 Meter entfernt ist.
Heutige Nutzung
Kurz vor dem Ende der Abbautätigkeit wurde im Jahre 1864 der Caroliner Wetterschacht abgeteuft. Er reichte bis zum Tiefen Georg Stollen hinab auf eine Teufe von 286 Meter unter der Erdoberfläche. Der saigere Schacht diente gemeinsam mit diversen anderen Wetterschächten der Belüftung des tiefen Grubengebäudes des gesamten Bergbaureviers.Nach der Einstellung der bergbaulichen Nutzung wurde der Caroliner Wetterschacht verfüllt. Im Jahre 2007 befreite man jedoch die obersten 24 Meter wieder von diesem Material und machte diesen Abschnitt somit wieder zugänglich. Heute bildet er zusammen mit einigen weiteren erhaltenen Stollen einen Teil eines für Besucher begehbaren untertägigen Areals. Der Zugang dorthin erfolgt über die Dorotheer Rösche, deren Mundloch sich am Damm des Mittleren Pfauenteiches befindet. Als Ausgang aus dieser historischen Untertagewelt dient dann der mehrere hundert Meter entfernte Caroliner Wetterschacht.
Damit Ihr Aufenthalt im Harz ein voller Erfolg wird: Bruckmann Bildband: Harzlich wilkommen. Die schönsten Ausflüge, Wanderungen und Sehenswürdigkeiten im Harz. Mit Erlebnisgarantie. Ausflüge zu ... Kunst, Kulinarik und Kultur. (Lust auf ...)
Weitere Informationen:
Das Oberharzer Wasserregal
| Der Burgstätter Zug
| Die Grube Dorothea
| Clausthal-Zellerfeld
| Alte Bergbauteiche in und um Clausthal-Zellerfeld
| Der Tiefe Georg-Stollen
| Erläuterung von Begriffen rund um den Harzer Bergbau
| Alte Harzer Maßeinheiten
| Das historische Bergjahr im Oberharz
In der näheren Umgebung befinden sich:
Der Untere Pfauenteich
| Der Mittlere Pfauenteich
| Der Obere Pfauenteich
| Der Hirschler Teich
| Das ehemalige Werk Tanne
| Der Dorotheer Kehrradsgraben
| Der Wasserwanderweg "Hirschler Teich - Pfauenteiche"
Immer zielgerichtet unterwegs mit der Fahrradkarte Harz: Wasser- und reißfeste Tourenrad- und Mountainbike-Karte mit 36 Touren
Home • Inhaltsverzeichnis • Impressum • Bild: ddg