Der Untere Pfauenteich

Der Untere Pfauenteich bei Clausthal-Zellerfeld im Harz
Blick vom Damm des Mittleren Pfauenteiches auf den Unteren Pfauenteich
Von den drei uralten Oberharzer Pfauenteichen ist der Untere Pfauenteich der nördlichste und der am tiefsten gelegene und damit auch der letzte Teich der großen vierstufigen Teichkaskade am östlichen Stadtrand von Clausthal-Zellerfeld. In unseren Tagen stellt der von Wäldern und Wiesen umgebene denkmalgeschützte ehemalige Bergbauteich ein attraktives und pittoreskes Wanderziel dar.

Bau und Zweck

Der Untere Pfauenteich wurde vermutlich im Verlauf des 16. Jahrhunderts zur Wasserversorgung der nahegelegenen Erzgruben des Burgstätter Reviers angelegt. Er gehört damit zu den ältesten noch immer aktiven Oberharzer Bergbauteichen.

Der heutige Teich stellt aber mitnichten das erste künstliche Gewässer an diesem Standort dar. Bereits gegen Ende des 13. Jahrhunderts befand sich dort ein "Banediek" genannter Stauteich. Die Reste dieses historischen Staubauwerkes kann man bei stark abgesenktem Wasserstand etwa auf halbem Wege zwischen den Dämmen des Unteren und des Mittleren Pfauenteiches auch heute noch recht deutlich erkennen.

Von der mittelalterlichen Bezeichnung Banediek gibt es diverse, vermutlich auf Übertragungsfehlern beruhende Abwandlungen wie z.B. Banedick, Banedik oder Bavendik. Die verwendete Endung "diek" wird in unseren Tagen allgemein als "Teich" gedeutet, Banediek bzw. Bavendik entsprechend als "oberer Teich". Wenn es einen oberen Teich gab, dann wahrscheinlich auch einen - heute nicht mehr lokalisierbaren - unteren, was eine Erklärung sein könnte für die zu Beginn der Neuzeit erwähnten beiden Pfauenteiche.

Darüber hinaus existieren noch weitere eher hypothetische Versuche, die Entstehung und Namensherkunft des künstlichen Gewässers zu deuten. So könnte z.B. "Banediek" auch eine Verfremdung von "Benedict" sein und damit ein Hinweis auf die Benediktinermönche des Klosters Cella, welche den Teich zur Fischzucht angelegt haben sollen. Die wohl erst in der Folgezeit aufgekommene alternative Bezeichnung "Papendeich" ("Pfaffenteich"??) unterstützt diese Vermutung, kann aber ebenso lediglich eine volkstümliche Zuschreibung sein.

Zahlreiche Missverständnisse und Verwechslungen später wäre so aus dem Benediktinerteich ("Banediek") bzw. Oberen Teich ("Bavendik") über den Papendeich letztendlich der "Pfauenteich" geworden und nochmals etliche Dekaden darauf dank vieler fleißiger Hände eine ganze Teichkaskade. So könnte am Ende auch die Herkunft des sonderbaren Namens dieser Teichgruppe erklärt werden, denn Pfaue hat es hier an diesen Gewässern im Oberharz vermutlich niemals gegeben.

Dennoch sind all diese Herleitungen mehr oder weniger spekulativ und wenn Sie diese Zeilen lesen, sollten Sie deshalb stets im Hinterkopf behalten, dass sich vielleicht alles ganz anders zugetragen haben könnte. Alle Vermutungen stützen sich schließlich auf nur wenige und nicht immer eindeutig interpretierbare Dokumente aus einer fernen und nachrichtenarmen Epoche.

Lage und Größe

Der Untere Pfauenteich liegt im Zellbachtal südlich der nach Altenau führenden Landstraße und östlich des Universitätsgeländes. Nördlich des alten Bergbaugewässers befinden sich diverse Gewerbeflächen und im Osten grenzt das für die Öffentlichkeit gesperrte Areal des ehemaligen Werkes Tanne an den Teich.

Der ungefähr in Nord-Süd-Richtung verlaufende und mehrmals erweiterte Damm des Unteren Pfauenteiches ist heute ca. 8,80 Meter hoch und etwa 220 Meter lang. Er staut hinter sich ein rund fünf Hektar großes und unregelmäßig geformtes Gewässer an, welches maximal 360 Meter lang und bis zu 210 Meter breit ist. Bei Vollstau beträgt das Fassungsvermögen des Teiches rund 273.000 Kubikmeter und seine Wasseroberfläche liegt etwa 568,50 Meter über der des Meeres. In diesem Fall wird außerdem der Damm des oberhalb gelegenen Mittleren Pfauenteiches ca. vier Meter eingestaut.

Zu- und Abflüsse

In den Unteren Pfauenteich kann Wasser aus dem Elisabether Graben bzw. dem Franz-Auguster-Wasserlauf eingeleitet werden und damit letztendlich das über den Dammgraben aus großer Entfernung herangeschaffte kostbare Naß. Der Teich kann darüber hinaus den nicht benötigten Speicherinhalt des höher gelegenen Mittleren Pfauenteiches aufnehmen. Hinzu kommen geringe Mengen Oberflächenwasser aus der unmittelbaren Umgebung und aus Niederschlägen direkt über der Gewässerfläche.

Zu den Oberflächenwassern zählen auch die Einträge aus dem ehemaligen Werk Tanne, einem Rüstungsbetrieb aus der Ära des sog. "Dritten Reiches". Der Boden dort ist aus vielerlei Gründen mit giftigen Begleitstoffen aus der TNT-Produktion sowie mit TNT selbst verseucht. Aus diesem Gebiet gelangen mit dem Regenwasser auch heute noch toxische Substanzen in den Unteren Pfauenteich. Dies betrifft vor allem den Bereich um das sich an den nordöstlichen Teicharm anschließende Dreiecksbecken, einem ehemaligen Absetzbecken für Neutralisationsschlämme.

Der Abfluß sowohl des Überlaufs als auch des stets etwas geöffneten Grundstriegels des Unteren Pfauenteiches erfolgt in den Zellbach, welcher hier auch als Flutgraben oder Hornbach bezeichnet wird.

Sanierung

Das bereits erwähnte Werk Tanne wurde zum Schicksal des Unteren Pfauenteiches und ebenso für den sich oberhalb anschließenden Mittleren Teich. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges verseuchten die stark giftigen Abwässer der Rüstungsfabrik die historischen Gewässer erheblich. Die gezielt eingeleiteten bzw. in Folge mehrerer Unfälle auf dem Werksgelände in das Wasser gelangten Rückstände aus der TNT-Produktion sind bis heute im Unteren Pfauenteich und in seiner unmittelbaren Umgebung nachweisbar.

Seit den 1990er Jahren wurde die damit verbundene Problematik für die Verantwortlichen immer offensichtlicher. Zahlreiche Gutachten legten eine Sanierung des Teichareals nahe, doch die damit verbundenen Kosten wirkten zunächst sehr abschreckend. Nach der Jahrtausendwende kam jedoch Bewegung in die festgefahren erscheinende Angelegenheit.

Im Sommer des Jahres 2011 senkte man den Wasserstand im Unteren Pfauenteich ab, um Kontrollarbeiten am Damm des Mittleren Pfauenteiches durchführen zu können. Diese Gelegenheit wurde für eine umfassende Untersuchung der Schlämme am Teichgrund auf eine verbliebene Kontamination genutzt. Besonders hoch war die Schadstoffbelastung an der Stauwurzel direkt unterhalb des Dammes des Mittleren Pfauenteiches sowie im nordöstlichen Teicharm unterhalb des sog. Dreiecksbeckens. Bis zum Herbst des selben Jahres erfolgte die Ausbaggerung dieser erheblich betroffenen Abschnitte und die Lagerung der verseuchten Erdmassen auf einer Sondermülldeponie. Seither wird das Gewässer als weitestgehend frei von Rückständen aus der Rüstungsindustrie im "Werk Tanne" bezeichnet.

Vor allem aus dem Bereich des erwähnten Dreiecksbeckens gelangten aber weiterhin im Wasser gelöste giftige Substanzen in den Unteren Pfauenteich. Eine Sanierung dieses einst als Absetzbecken für Neutralisationsschlämme genutzten Areals war daher unvermeidbar. Entsprechende Maßnahmen wurden dann zu Beginn des Jahres 2016 durchgeführt und konnten in der Folge den Schadstoffeintrag mit sog. "sprengstofftypischen Verbindungen" in den historischen Bergbauteich deutlich reduzieren.

Völlig gebannt ist die Gefahr damit aber noch immer nicht. Aus dem Gebiet der einstigen Rüstungsfabrik gelangen auch heute noch in geringen Mengen Giftstoffe in den Teich. Jedwede Nutzung des Gewässers ist daher nach wie vor verboten. Die Sanierungsarbeiten auf dem ehemaligen Werksgelände laufen weiter.

Heutige Nutzung

Es mag heute etwas seltsam erscheinen, doch in der Nachkriegszeit und noch weit bis in die 1980er Jahre hinein nutzte man den Unteren Pfauenteich für Freizeitaktivitäten wie Baden und Angeln. Mit Unwissenheit vor den im Wasser lauernden Gefahren kann dies jedoch nicht erklärt werden, denn die Geschehnisse in den Kriegsjahren rund um das Werk Tanne waren den Menschen vor Ort nicht verborgen geblieben. Erst seit dem Jahre 1988 gilt in dem alten Bergbaugewässer das bis heute gültige Bade- und Angelverbot.

Für Sie bleibt daher nur die Möglichkeit, am Unteren Pfauenteich entlang zu wandern und seinen Anblick zu genießen. Das Gewässer macht dabei sowohl von seinem eigenen Teichdamm aus als auch vom Damm des Mittleren Pfauenteiches eine gute Figur. In direkten Kontakt mit dem Wasser treten können Sie derzeit allerdings noch nicht - aber vielleicht eines Tages nach Abschluß aller Sanierungsarbeiten?

Schutzstatus

Der Untere Pfauenteich gehört zu den aktiven Bestandteilen des Kulturdenkmals "Oberharzer Wasserregal" und wird daher in seinem Bestand erhalten und geschützt sowie bei Bedarf instand gesetzt. Seit dem Jahre 2010 steht er außerdem als Teil des historischen Wasserverbundsystems der "Oberharzer Wasserwirtschaft" auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO.

Wohl nicht zuletzt auch auf Grund der Verseuchung durch die nach wie vor in das Gewässer gelangenden Überreste der Sprengstoffproduktion im Werk Tanne fand der alte Bergbauteich zumindest bis heute keine Aufnahme in das FFH-Gebiet "Oberharzer Teichgebiet".

Wandern

Eine gute Möglichkeit zur Erkundung des Unteren Pfauenteiches stellt eine Wanderung auf dem Wasserwanderweg "Hirschler Teich / Pfauenteiche" dar. Das Nordende des Teichdammes ist einer der beiden Start- bzw. Endpunkte des rund 2700 Meter langen Themenwanderweges. Dank zahlreicher Hinweisschilder am Wegesrand erhält der Wanderer viele Informationen zu diesem Gewässer. Er erfährt u.a. Hintergründe zur Teichbauweise, welche Mühen aufgewendet wurden mußten, um Wasser aus weit entfernten Gegenden in den Teich zu leiten sowie wissenswertes zu seiner einstigen Funktion als Wasser- und somit Energiespeicher für die Gruben des Burgstätter Zuges.

Darüber hinaus können Sie das uralte Staugewässer auch individuell besuchen und besichtigen. Für eine Anfahrt mit dem Auto sollten Sie im urbanen Raum von Clausthal-Zellerfeld eine geeignete Stellfläche suchen, denn unmittelbar am Teich gibt es keine Parkmöglichkeiten. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen möchte, fährt bis zur Bushaltestelle "Bergfestplatz" in der Altenauer Straße und läuft von dort am Straßenrand entlang rund 400 Meter in Richtung Nordosten bis zum nördlichen Dammende. Leider gibt es auf diesem Straßenabschnitt keinen Fußweg, so dass eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Begehen dieser Strecke erforderlich ist.

Die örtlichen Gegebenheiten machen es schwierig, den Unteren Pfauenteich in eine Rundwanderroute einzubinden. Das für die Öffentlichkeit gesperrte Gelände des ehemaligen Werkes Tanne am Ostufer verhindert derzeit die Einrichtung eines entsprechenden Wanderweges. Vielleicht stellt sich die Situation jedoch in einigen Jahren nach dem erfolgreichen Ende der Sanierungstätigkeiten etwas anders dar.


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Weitere Informationen:
Clausthal-Zellerfeld | Teiche im Harz | Übersichtskarte "Oberharzer Teiche" | Das Oberharzer Wasserregal | Der Burgstätter Zug | Der Franz-Auguster-Wasserlauf | Das Werk Tanne | Der Wasserwanderweg "Hirschler Teich - Pfauenteiche"

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