Der Hirschler Teich

Der Hirschler Teich bei Clausthal-Zellerfeld im Harz
Blick vom westlichen Ende des Teichdammes über den Hirschler Teich
Der am südöstlichen Stadtrand von Clausthal-Zellerfeld gelegene Hirschler Teich gehört zu den imposantesten sichtbaren Hinterlassenschaften der jahrhundertelangen Bergbautätigkeit im Oberharz. Dieser Stauteich ist das oberste und mit seiner ausgedehnten und kompakten Oberfläche auch das mit Abstand raumnehmendste vom Menschen erschaffene Gewässer der wohl markantesten Teichkaskade im Harz. Gemeinsam mit den drei darunter platzierten Pfauenteichen prägt er als das größte dieser vier blauen Augen das ikonische Antlitz der historischen Oberharzer Wasserwirtschaft.

Bau und Zweck

Das zum Burgstätter Revier gehörende und einst etwa 400 Meter westlich des Mittleren Pfauenteiches gelegene Silberbergwerk "Grüner Hirsch" nahm im August des Jahres 1645 seinen Betrieb auf. Es handelte sich dabei um eine der wenigen nicht sonderlich ertragreichen Erzgruben dieses Abbaugebietes. Dieses Bergwerk wäre heute wohl längst in Vergessenheit geraten, wenn nicht der zeitnah mit ihm errichtete und nach ihm benannte Teich schon recht bald eine überragende Rolle für den Bergbau bei Clausthal gespielt hätte.

Das genaue Datum des Teichbaus wurde nicht überliefert, vermutlich geschah dies aber bereits mit der Aufnahme der Arbeiten im "Grünen Hirsch", zumindest aber vor dem Jahre 1660. In einer umfangreichen, der Nachwelt erhalten gebliebenen Dokumentation aus dem Jahre 1661 ist jedenfalls der "Grünhirschler Teich" bereits als Teil der Wasserversorgung des Burgstätter Hauptzuges verzeichnet.

Der östlichste und größte Teich der eingangs erwähnten Kaskade erlangte in kurzer Zeit eine große Bedeutung für das gesamte Bergbaurevier und damit weit über seinen ursprünglichen Zweck hinaus. Das exponierte Staugewässer wurde zu einer der wichtigsten Stützen der Wasserversorgung der Silbergruben, welche den ertragreichen Burgstätter Erzgang abbauten. Er diente zur Blütezeit des Reviers ganz besonders den sehr hoch gelegenen und äußerst profitablen Bergwerken "Dorothea" und "Caroline".

Lage und Größe

Im Verlauf des 18. Jahrhunderts wurde der an der Stauwurzel des Oberen Pfauenteiches platzierte Damm des Hirschler Teiches mindestens drei Mal erhöht und um das Jahr 1726 im Rahmen einer umfassenden Sanierung außerdem zur neuen Teichbauart hin umgestaltet. Heute ist das unweit der Bundesstraße 242 gelegene, von Südwest nach Nordost verlaufende Staubauwerk rund 11,50 Meter hoch und etwa 400 Meter lang.

Bei vollem Wasserstand mißt der Hirschler Teich etwa 390 Meter in der Länge und ungefähr 410 Meter in der Breite. Sein Wasserspiegel liegt dann auf einer Höhe von rund 588 Metern über dem Meer. Er besitzt ein maximales Fassungsvermögen von etwa 700.000 Kubikmeter Wasser und bedeckt bei Vollstau eine Fläche von mehr als elf Hektar.

Bis weit in das 18. Jahrhundert hinein wurde der imposante Stauteich weiterhin "Grünhirschler Teich" genannt, während sich parallel dazu ganz allmählich auch die in unseren Tagen gebräuchliche Kurzform etablierte. Erst mit der Schließung des namensgebenden Bergwerkes im Jahre 1796 setzte sich endgültig die heutige Bezeichnung durch.

Zu- und Abflüsse

Der Hirschler Teich überstaut das Quellgebiet des Zellbaches und wird demzufolge auch vom Teichboden her gespeist. Je nach Jahreszeit und Wasserverfügbarkeit fließen im Süden und Osten diverse kleine Quellbächlein in diesen größten aller einstmals für den Bergbau angelegten Teiche im Gebiet rund um Clausthal-Zellerfeld. Hinzu kommt obendrein der im Oberharz gelegentlich recht ergiebige Niederschlag.

Dennoch umfasst das natürliche Einzugsgebiet des Hirschler Teiches lediglich 81 Hektar und ist damit viel zu klein für den in seinen Ausmaßen außergewöhnlichen Bergbauteich. Würde man den historischen Stauteich allein aus diesen geringen Mengen an zur Verfügung stehendem Oberflächenwasser füllen wollen, müsste man selbst ohne Wasserentnahme mehr als ein Jahr bis zum Vollstau warten.

Aus diesem Grund wurden von den Bergleuten schon sehr früh weitere Zuleitungen zu diesem für das gesamte Bergbaurevier so wichtigen Teich gebaut. Eine nicht unerhebliche Wassermenge leitete der um das Jahr 1763 angelegte und etwa 2500 Meter lange "Neue Graben" ein, welcher die Berghänge östlich des Teiches erschloss. Dieser bedeutende, heute nicht mehr funktionstüchtige Wassergraben begann südöstlich des Jägersbleeker Teiches, machte südlich einen Bogen um dieses Gewässer und folgte dann den Geländekonturen nach Norden und anschließend nach Südwesten, ehe er sich in den Hirschler Teich ergoß. Zwar führt der "Neue Graben" schon seit vielen Jahren kein Wasser mehr, doch der eindrucksvolle gemauerte Einlauf am nordöstlichen Ende des Teichdammes ist bis in unsere Tage hinein gut zu erkennen.

Des Weiteren transportierte von Süden her der Benedicter Wasserlauf das kostbare Naß aus dem Kehrzugmassiv sowie dem Quellgebiet der Innerste zum Hirschler Teich. In diesen ebenfalls schon seit etlichen Dekaden nicht mehr nutzbaren Wassergraben konnte auch der Speicherinhalt des kleinen südlich des Hirschler Teiches gelegenen und heute "Entensumpf" genannten Bergbauteiches eingeleitet werden.

Den aber wohl bedeutendsten Zufluß zum Hirschler Teich stellte die geniale, aus Gräben, Teichen und untertägigen Stollen bestehende Komposition der Hutthaler Widerwaage dar. Dieses ingenieurtechnische Meisterwerk speiste Wasser aus dem Huttal und damit aus dem Einzugsgebiet der Söse in den Teich ein. Mit dem Bau des Dammgrabens war dann auch über diese beeindruckende wasserwirtschaftliche Konstruktion mit Hilfe einer Pumpanlage eine Wassereinleitung in den Hirschler Teich möglich. So floß am Ende aller Ausbaustufen das Wasser aus teilweise sehr großer Entfernung vorwiegend über das bis in das Brockengebiet hineinreichende Dammgrabensystem sowie aus dem etwa einen Kilometer weiter östlich gelegenen Jägersbleeker Teich über den Hutthaler Graben und den Hutthaler Wasserlauf nach einer langen Reise letztendlich in den Hirschler Teich.

Während der Blütezeit des Bergbaus im Burgstätter Revier speiste der Hirschler Teich vorrangig das Kehrrad der Grube Carolina. Anschließend erfuhr das Wasser eine Zweitverwendung zum Antrieb des Kehrrades der Grube Dorothea bzw. des Kunstrades der Carolina. Im weiteren Verlauf wurden durch das kostbare Naß dann die zahlreichen Wasserräder der tieferliegenden Bergwerke in Bewegung versetzt. In unseren Tagen dagegen durchquert das Wasser des Hirschler Teiches zunächst die Filter- und Aufbereitungsanlagen des Wasserwerkes, um anschließend zu den Wasserhähnen der Menschen in Clausthal-Zellerfeld weitergeleitet zu werden.

Hungerstein

Der Aufwand, welcher betrieben wurde, um den Hirschler Teich mit Wasser zu befüllen, war enorm und beispiellos im Oberharz. Dennoch reichten all die mit großem Einsatz an Geld, Zeit und Personal verbundenen Bemühungen zur Wassereinleitung in der Trockenzeit der Jahre 1766/67 nicht aus und der Hirschler Teich entleerte sich vollständig. Dies sorgte für eine zeitweilige Krise des Bergbaus im Clausthaler Gebiet.

Weil auf Grund des oberirdischen Wassermangels das Wasser in den weit in den Berg hinein reichenden Gruben nicht abgepumpt werden konnte, nahm es dort überhand und wurde zum Problem. Die Bergwerke liefen voll Wasser, die Menschen verloren ihre Arbeit und hatten daher auch kein Geld zur Verfügung. Als Folge herrschte Hunger im Oberharz, was man im Jahre 1767 zum Anlass nahm, einen sog. "Hungerstein" auf dem Grund des leeren Hirschler Teiches mit der eingemeißelten Inschrift "Wassermangel" zu platzieren. Dieser Stein liegt bis zum heutigen Tag an seinem Platz nahe des Striegelkastens. Der Hirschler Teich ist von allen Oberharzer Bergbauteichen der einzige mit einer solchen "Einlage".

Heutige Nutzung

Der Hirschler Teich wird seit dem frühen 20. Jahrhundert als Trinkwasserspeicher für die Stadt Clausthal-Zellerfeld genutzt. Daher gilt der Einzugsbereich des Teiches als Trinkwasserschutzgebiet und im Teich selbst ein generelles Badeverbot, welches auch alle anderen ähnlichen Freizeitaktivitäten mit einschließt.

Am Dammfuß befindet sich südlich des Oberen Pfauenteiches das Wasserwerk des Hirschler Teiches. Hier erfolgt u.a. die Entfernung von Trübstoffen sowie von Eisen und Mangan aus dem Wasser, welches im Anschluß daran desinfiziert wird.

Eine erste Aufbereitung des kostbaren Nasses aber findet bereits direkt im Gewässer statt. Zu diesem Zweck wurde eine kaum zu übersehende schwimmende Konstruktion unweit des Teichdammes installiert, welche eine Erhöhung des Sauerstoffgehaltes im Wasser bewirkt.

Die relativ gleichmäßige Trinkwasserentnahme hat bei schwankendem Wasserzufluß eine stetige Veränderung des Füllstandes im Hirschler Teich zur Folge. Im Frühjahr sind für Sie daher die Chancen, einen randvollen Teich betrachten zu können, erheblich größer als im Spätsommer.

Schutzstatus

Der Hirschler Teich gehört als ehemaliger Bergbauteich zum Kulturdenkmal "Oberharzer Wasserregal" steht somit bereits seit dem Jahre 1978 unter Denkmalschutz. Als Bestandteil der historischen Oberharzer Wasserwirtschaft fand er im Juli 2010 außerdem Aufnahme in die Weltkulturerbeliste der UNESCO.

Des Weiteren wurden die Wasserfläche und der Bereich des Staudamms in das FFH-Gebiet "Oberharzer Teichgebiet" integriert, was einen besonderen Schutz der zahlreichen dort lebenden Vertreter der Tier- und Pflanzenwelt zur Folge hat. Die Uferzone und das unmittelbar nachgelagerte Areal sind als Trinkwassereinzugsraum ebenfalls vor der Nutzung für die meisten menschlichen Aktivitäten geschützt.

Wandern

Der Hirschler Teich lässt sich lediglich zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen. In seiner unmittelbaren Nachbarschaft gibt es keine offiziellen Parkmöglichkeiten. Die nächste Haltestelle des öffentlichen Nahverkehrs befindet sich an der Bundesstraße 242 am Abzweig Prahljust und ist ungefähr einen halben Kilometer vom Teich entfernt. Wer mit dem eigenen Fahrzeug anreist, kann dieses auf dem Parkplatz am Entensumpf abstellen. Von dort aus müssen Sie etwa 700 Meter bis zum Hirschler Teich laufen. Daher sollten Sie für einen Besuch des historischen Staugewässers ausreichend Zeit auch für den Hin- und Rückweg mit einplanen.

Um den Hirschler Teich führt - zumindest in Sichtweite des Wassers - kein Weg herum. Der gesamte Uferbereich jenseits des Teichdammes ist überwiegend mit Bäumen und Unterholz dicht bewachsen und dadurch beinahe unzugänglich. Für eine mögliche Rundwanderung rund um das historische Bergbaugewässer sind das ganz schlechte Voraussetzungen. Doch all dies ist keineswegs Zufall, denn wie bereits erwähnt erstreckt sich rund um den Hirschler Teich ein Trinkwasserschutzgebiet, welches auch gar nicht von Menschen betreten werden soll.

Das unwegsame Umfeld bedeutet jedoch mitnichten, dass Sie bei Ihren Wanderungen den Hirschler Teich nicht ausgiebig betrachten können. So führen z.B. die beiden Wasserwanderwege "Hutthaler Widerwaage" und "Hirschler Teich / Pfauenteiche" über den Teichdamm hinweg. Von der Krone des Staubauwerkes ergeben sich somit malerische Aussichten aus verschiedenen Blickwinkeln auf den eindrucksvollen Bergbauteich und seine nähere Umgebung. Um den Hirschler Teich und die mit ihm verbundenen vorindustriellen wasserwirtschaftlichen Bauwerke zu erkunden, ist es empfehlenswert, einen dieser thematischen Wanderwege oder auch beide zu nutzen. Am westlichen Ende des Teichdammes befindet sich obendrein ein kleiner Rastplatz, welcher zu einer kurzen Pause mit Blick über das Gewässer einlädt.


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Weitere Informationen:
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