Das "Neue Schloss" bei Braunschwende

Auf dem Gelände des Neuen Schlosses bei Braunschwende
Ohne Hilfsmittel schwer zu überwinden: Ein Wassergraben auf dem Gelände des "Neuen Schlosses"
Auf dem annähernd höchsten Punkt einer nur leicht talwärts abfallenden Hochfläche im Unterharz befindet sich ein wie ein kleines Waldstück aussehendes Fleckchen Erde inmitten eines weiträumigen landwirtschaftlich geprägten Areals. Dieser zunächst recht unspektakulär wirkende Baumbestand bedeckt ein etwa 4,5 Hektar umfassendes Gelände an der südwestlichen Ecke der Kreuzung der Bundesstraße 242 (Klausstraße) und der von Wippra nach Abberode führenden Landstraße.

An diesem strategisch interessanten, aber auch aus der Ferne leicht einsehbaren Standort wollte sich in der Mitte des 16. Jahrhunderts Graf Albrecht VII. von Mansfeld-Hinterort eine ebenso repräsentative wie wehrhafte Residenz errichten lassen. Vermutlich in den Jahren 1552 und/oder 1553 erfolgten zu diesem Zweck auf einem beinahe quadratischen Areal umfangreiche Erdarbeiten. Dabei entstand um einen rechteckigen zentralen Platz ein imposantes, aber fragmentarisch gebliebenes Graben-Wall-Graben-System. Den anhaltinischen Fürsten, deren Territorium in geringer Entfernung vom Bauplatz begann, waren die Aktivitäten suspekt. Sie intervenierten erfolgreich beim Kaiser und ließen durch diesen das Bauvorhaben stoppen. So endete die Errichtung des Neuen Schlosses bei Braunschwende, noch bevor überhaupt der Grundstein für dieses Gebäude gelegt werden konnte.

Bis zur Einstellung des Baues wurden mehrere hundert Meter Gräben, welche zum Teil bis heute mit Wasser gefüllt sind, sowie ebenfalls mehrere hundert Meter Wallanlage erschaffen. In der Südwestecke entstand der Ansatz einer großen Kanonenbastion und in der gegenüberliegenden Nordostecke an der eingangs erwähnten Straßenkreuzung die etwas kleinere Ausführung eines solchen Festungswerkes. An zentraler Stelle verblieb ein große Freifläche, welche ursprünglich das durch die umfangreichen Verteidigungsanlagen geschützte, mutmaßlich eine Fläche von etwa 75 mal 65 Meter bedeckende Schloß im Stil der Renaissance aufnehmen sollte.

Im Jahre 1560 verstarb der Bauherr des "Neuen Schlosses", Albrecht der VII., im Alter von 80 Jahren. Das Geschlecht der Mansfelder Grafen war seinerzeit bereits durch zahlreiche Erbteilungen stark zersplittert und hatte die Ära seines größten Einflusses längst hinter sich gelassen. Bereits im 17. Jahrhundert starb die Linie Mansfeld-Hinterort mangels Nachwuchses aus. Die von den Grafen hinterlassene Investruine bei Braunschwende geriet mit der Zeit in Vergessenheit.

Das Vergessen war aber derart intensiv, daß im 19. Jahrhundert Forscher und Gelehrte die nicht beendeten Festungsanlagen für vorgeschichtliche Relikte hielten. Eine Erwähnung des "Neuen Schlosses" durch Cyriacus Spangenberg, den Chronisten der Grafschaft Mansfeld, wurde außerdem dahingehend mißgedeutet, als daß man aus den Aussagen Rückschlüsse auf eine hochmittelalterliche Burganlage anstatt auf eine frühneuzeitliche Bauruine zog. Da zudem auch keinerlei überlieferte Pläne für die hier geplante neue Residenz des Grafen von Mansfeld-Hinterort existierten, ging noch einige Zeit ins Land, bis man den wahren Charakter des großflächigen Areals erkannte.

In unseren Tagen hebt sich das Gelände des "Neuen Schlosses" als bewaldeter Hügel ein wenig aus der fast ebenen Hochfläche heraus. Das Areal ist über die Bundesstraße 242 und die genannte Landstraße gut zu erreichen und für jedermann frei zugänglich. Große Bereiche der Wallanlagen sind mit Bäumen bewachsen. In vielen Abschnitten der Gräben befindet sich Wasser, womit diese ein für Fußgänger unüberwindliches Hindernis darstellen. Beeindruckend sind die Ausmaße der Gesamtanlage. Bemerkenswert ist außerdem der vergleichsweise gute Zustand der beinahe ein halbes Jahrtausend alten und niemals vollendeten Verteidigungsbauwerke.


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Weitere Informationen:
Bilder vom "Neuen Schloß" | Braunschwende | Übersicht - Burgen und Burgruinen im Harz | Die Zeitalter der Menschheitsgeschichte im mitteleuropäischen Raum | Die Bundesstraße 242 (Klausstraße)

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