Die Untertage-Verlagerung "Lava"
An diesem Standort war der Bau von Flugzeugteilen für die Dessauer Junkers-Werke geplant. Es sollten ein Presswerk zur Herstellung von Blechen für die Außenhülle der Flugzeuge sowie eine Produktionsstätte für Flugzeugtriebwerke entstehen. Somit stellte die U-Verlagerung Lava einen Zulieferbetrieb für die nahegelegene Rüstungsfabrik in der Heimkehle (Tarnbezeichnung Heller) dar. Sie gehörte zum Rüstungskomplex Mittelbau und wurde von Häftlingen dieses Konzentrationslagers in den Berg getrieben. Ebenso sollte die spätere Produktion durch Zwangsarbeiter ausgeführt werden.
Der Baubeginn der Stollenanlage erfolgte in den letzten Augusttagen des Jahres 1944. Zunächst begann man mit der Errichtung von mehreren Baracken in unmittelbarer Nähe der Stolleneingänge. Diese dienten vermutlich als Verwaltungsgebäude bzw. Funktionsbauten.
Die Häftlinge selbst waren etwas weiter entfernt in dem Gebäude einer ehemaligen Porzellanfabrik bei Rottleberode untergebracht. Sie fuhren von dort mit einer eigens angelegten Feldbahn zur Baustelle. Dieser Bahn oblag auch der Materialtransport und in der Planung später außerdem die Beförderung der Erzeugnisse der Rüstungsproduktion. In Rottleberode besaß die Feldbahn einen Anschluß an das normalspurige Gleis der Thyratalbahn.
Die projektierte Fläche der untertägigen Fabrikhallen in der Untertage-Verlagerung Lava betrug ca. 3000 Quadratmeter. Der Plan sah drei weitestgehend parallel verlaufende Zugangsstollen für An- und Abtransport, Frischluftzufuhr und sonstige Ver- und Entsorgung vor. Von diesen Hauptstollen sollten netzartig sieben Querstollen mit den eigentlichen Produktionsstätten abzweigen. Damit entsprach der Aufbau der unterirdischen Fabrik ungefähr der des Mittelwerks im Kohnstein, jedoch bei deutlichen geringeren Gesamtdimensionen. Die Stärke des Deckgebirges über den künstlichen Hohlräumen beträgt rund 40 Meter.
Auf der Baustelle waren bis zur Einstellung der Arbeiten am 4. April 1945 vermutlich mehr als 1000 Häftlinge gleichzeitig im Einsatz. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Zwangsarbeiter fast 600 Meter Stollen in das weiche Gestein des Alten Stolbergs hineingearbeitet, was etwa einem Viertel des geplanten Umfangs der untertägigen Räume entsprach. In einem der Stollen existierte bereits eine aktive Produktionsstraße, welche vermutlich schon die Herstellung von Flugzeugteilen aufgenommen hatte. Beim Bau dieser Untertage-Verlagerung ließen Schätzungen zufolge rund 50 Häftlinge ihr Leben.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgte die Demontage der bereits installierten Produktions- und Versorgungsanlagen in den Stollen der U-Verlagerung Lava. Ebenso demontierte man das schmalspurige Gleis der Feldbahn. Die künstlichen unterirdischen Hohlräume existieren bis heute im damals erreichten Ausmaß, können aber nicht betreten werden. Alle drei Stollenmundlöcher sind in unseren Tagen entweder mit Gittern verschlossen oder zugemauert.
Welchem Zweck die mit viel Schweiß und Blut in den Anhydrit hineingeschlagenen Stollen inzwischen dienen, hätten sich die einstigen Bauherren wohl niemals träumen lassen. Das untertägige Areal im Felsen des Alten Stolbergs entwickelte sich im Laufe der seither vergangenen Jahrzehnte von einer Fabrik zur Herstellung von Kriegsgerät zu einem Refugium für geschützte Fledermäuse.
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Weitere Informationen:
Bilder von der Untertage-Verlagerung "Lava"
| Der Alte Stolberg
| Stempeda
| Rottleberode
| Die Heimkehle
| Untertage-Verlagerungen und andere Geheimprojekte im Harz
HARZLIFE.TV-Video:
Die Untertage-Verlagerung "Lava" - Eine ehemalige unterirdische Rüstungsfabrik im Südharz
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