Sagen vom Zwergenkönig Hübich und dem Hübichenstein
Die Ersteigung des Hübichensteins
Vor langer Zeit wohnte der Zwergenkönig Hübich in einer großen Höhle unter dem Hübichenstein. Er hatte einen grauen Bart und ein runzliges Gesicht, war aber den Menschen gegenüber freundlich und hilfsbereit. Nur wer ihn beleidigte oder seinen Felsen bestieg, wurde hart bestraft.
Eines Tages ging der Sohn des Försters aus Grund mit seinen Freunden am Hübichenstein vorbei. Er wollte seinen Kameraden imponieren und kletterte trotz mehrfacher Warnungen auf den Kalkfelsen hinauf. Von dort oben prahlte er mit seiner Leistung. König Hübich war darob sehr verärgert und zauberte den jungen Mann am Felsen fest, so daß dieser keinen Schritt mehr tun konnte.
Als sein Vater, welcher früh verwitwet war, davon erfuhr, war er sehr betrübt und eilte zum Hübichenstein hinaus. Dort sah er oben tatsächlich seinen einzigsten Sohn dem Tode geweiht und konnte ihm nicht helfen. Ein Unwetter zog herauf und die Leute aus Grund mußten den verzweifelten Förster mit Gewalt nach Hause schaffen.
Um seinen Sohn von den Qualen zu erlösen, faßte der Förster den Entschluß, ihn in der kommenden Nacht mit seinen Gewehr vom Felsen herunterzuschießen. Tief betrübt machte der Mann sich auf den schweren Weg. Unterwegs traf er ein altes Männlein, welchem er sein ganzes Leid klagte und bedauerte, nicht gemeinsam mit seiner Frau gestorben zu sein, um dieses Unglück nicht mehr miterleben zu müssen. Das Männlein war niemand anderes als der Zwergenkönig Hübich. Dieser hatte Mitleid mit dem armen Förster.
Als der Förster am Hübichenstein angekommen war und seinen Sohn vom Felsen herunterschießen wollten, bewarfen ihn tausende Zwerge mit Tannenzapfen. Darauf hin gab der Förster sein Vorhaben auf. Die Zwerge indes bildeten mit ihren Körpern eine lebendige Leiter bis hinauf zum Gipfel des Felsens. Als erster erreichte König Hübich den Burschen. Er wies ihn wegen seiner Untat zurecht, zeigte aber Erbarmen und befreite ihn aus seiner mißlichen Lage. Anschließend trugen die Zwerge der Förstersohn zum Boden herab.
Dort nahm ihn Hübich mit in seine Wohnung und handelte mit ihm einen Vertrag aus. Der Förstersohn sollte reich beschenkt werden, wenn er als Gegenleistung dafür sorgen würde, daß der Hübichenstein von niemandem mehr erklettert würde und die Schießerei auf die Vögel auf dem Felsen unterbunden würde. Durch diese Unsitte der Menschen brachen nämlich immer wieder Gesteinsbrocken aus dem Kalkfelsen heraus, wodurch dieser immer mehr an Höhe verlor. König Hübich konnte nämlich nur über den Hübichenstein herrschen und auf der Erde wandeln, solange die große Felsnadel höher war als die kleinere.
Der Sohn des Försters versprach, Hübich all seine Wünsche zu erfüllen. Als Dank konnte er sich soviele Silberthaler nehmen, wie er nur tragen konnte und anschließend zum Haus seines Vaters zurückkehren. Der Förstersohn ließ in Grund vom Geld des Zwergenkönigs die St.-Antonius-Kirche errichten und sorgte dafür, daß ein Erlaß verabschiedet wurde, welcher das Schießen und das Klettern auf den Hübichenstein verbot.
Lange Zeit hatte dieses Bündnis mit dem Zwergenkönig Bestand und dieser half noch so manchem armen Menschen aus seiner Not. Doch im Dreißigjährigen Krieg rückten Soldaten aus Tillys Armee am Hübichenstein an und schossen aus reinem Mutwillen die Spitze der größeren Felsnadel herunter, so daß diese am Ende niedriger war als die andere. Seither ist die ehemals kleinere Felsnase die höhere und König Hübich wurde nie wieder von einem Menschen gesehen.
Eine weitere Sage berichtet von der Güte und Barmherzigkeit des Zwergenkönigs Hübich:
Die silbernen Tannenzapfen vom König Hübich
Einstmals lebte in Grund ein armer Bergmann mit seiner Frau und sieben kleinen Kindern. Die Not der Familie wurde sehr groß, als der Mann für längere Zeit krank wurde. In ihrer Verzweiflung beschloß die Frau, in den Wald zu gehen und dort Tannenzapfen zu sammeln. Diese wollte sie anschließend gegen Brot eintauschen, damit die Familie nicht verhungern mußte.
Im Wald angekommen, war sie so verzweifelt, daß sie weinen mußte. Da kam ein kleines Männlein mit grauem Bart auf sie zu und fragte sie, was ihr denn fehle. Zuerst wollte die Frau nichts erzählen, weil das Männlein ihr doch nicht helfen könne, doch dann klagte sie ihm ihre ganze Not. Das Männlein versuchte, sie zu trösten und gab ihr einen Hinweis, wo sie schöne Tannenzapfen finden könne - nämlich am Hübichenstein.
Dort angekommen, fielen von allen Seiten Tannenzapfen in ihre Kiepe, so daß sie kaum selbst welche aufsammeln mußte. Doch der Rückweg wurde sehr anstrengend für die arme Frau. Die Last war enorm und sie mußte viele Pauen einlegen. Zu Hause angekommen, wollte sie die Kiepe ausleeren, um noch einmal in den Wald zurückzukehren. Da erkannte die Frau, daß alle Tannenzapfen aus purem Silber bestanden.
Sie war sich nicht sicher, ob das mit rechten Dingen zugeht und berichtete ihrem Mann von dem Erlebten. Dieser sagte ihr, daß sie auf den Zwergenkönig Hübich getroffen war, welcher schon oft armen Menschen geholfen hatte. Am nächsten Tag ging die Frau wieder in den Wald, um sich bei Hübich zu bedanken. Tatsächlich traf sie ihn wieder und dankte ihm ausgiebig, worauf dieser ihr ein Kräuterbüschel gab und sie beauftragte, ihrem Mann daraus einen Tee zu kochen, damit dieser wieder gesund würde. So tat sie es auch und noch in der selben Stunde ging die Krankheit des Bergmanns vorüber. Die Familie lebte fortan in bescheidenem Wohlstand und vergaß nicht, auch anderen Menschen in Not einen Teil davon abzugeben.
Weitere Informationen:
Der Hübichenstein
| Bad Grund
| Der 30jährige Krieg
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