Die Einhornhöhle
Die Einhornhöhle entstand durch chemische Verwitterungsprozesse, bei denen kohlensäurehaltiges Oberflächenwasser durch Spalten in das Dolomitgestein eindrang und dieses allmählich auflöste. Direkt unterhalb der Höhle befindet sich die deutlich verwitterungsbeständigere Grauwacke. Die Höhle weist ein hohes Alter von mehreren hunderttausend Jahren auf, wobei einige der Hohlräume im Dolomitgestein möglicherweise sogar bereits mehrere Millionen Jahre alt sind.
Im Inneren der Naturhöhle gibt es eine beständige Luftfeuchtigkeit von nahezu 100 Prozent sowie das ganze Jahr über eine gleichbleibende Temperatur von etwa 7 Grad Celsius. Den Boden bedeckt eine lehmartige Substanz, welche beim Gehen weich und elastisch anmutet. Dieses Material füllt den größten Teil des unterirdischen Hohlraumes aus und erreicht an einigen Stellen eine Mächtigkeit von bis zu 30 Metern. Es bewirkt eine relativ gleichmäßige Oberfläche ohne größere Unebenheiten und scharfe Kanten. Dadurch ist der Besuch der Höhle auch für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer geeignet. Bei diesem "Bodenbelag" handelt es sich um eine Mischung aus den Überresten von Tieren und Pflanzen sowie von Sedimenten, welche im Verlauf der Jahrtausende durch die wechselnden natürlichen Eingänge in die Höhle gelangten.
In dieser Bodenschicht fanden Wissenschaftler bei Grabungen zahlreiche Tierknochen und Werkzeuge von Menschen. Das Alter der Fundstücke reicht dabei von der Steinzeit bis zur Neuzeit - also vom Faustkeil bis zu Cola-Flasche und vom Höhlenbären bis zu Tieren der Gegenwart. Dennoch wurde bisher nur die oberste Schicht dieser Verfüllung eingehender untersucht. Bei Vorstößen in Bereiche tiefer als etwa zwei Meter dringen auch Forscher in unbekanntes Terrain vor. Viele Relikte aus längst vergangenen Epochen warten dort noch auf ihre Entdeckung.
Heute ist die Einhornhöhle zum größten Teil durch den erwähnten natürlichen Sedimenteintrag und organisches Material verfüllt. Im Verlauf der Jahrtausende wurden zudem alte Eingangsportale verschüttet, während an anderer Stelle neue entstanden.
Die erste urkundliche Erwähnung der bereits in der Steinzeit bekannten Höhle datiert im Jahre 1541. In der frühen Neuzeit verkaufte man die hier gefundenen fossilen Knochen und auch die größeren Tropfsteine als "Einhorn-Knochen" für medizinische Zwecke. Die vermeintlichen Überreste dieses seinerzeit noch für real gehaltenen Fabelwesens sollten zu Pulver zermahlen besondere Wirkungskräfte entfalten. Erst im 19. Jahrhundert setzte sich die Erkenntnis durch, daß es sich bei den in der Einhornhöhle gefundenen Knochen vorwiegend um Bärenknochen handelte.
Die lange Zeit rätselhaften Fossilien gaben letztendlich der Höhle im Harzer Dolomit ihren eigentümlichen Namen. Immerhin forschten hier und an den gefundenen Knochen so bedeutende Persönlichkeiten wie Otto von Guericke und Gottfried Wilhelm Leibniz. Letzterer rekonstruierte aus den Fundstücken sogar das Skelett eines Einhorns. Diese sonderbare, unter realen Umweltbedingungen kaum lebensfähige Kreatur wurde schließlich zum Symbol und Markenzeichen der Einhornhöhle.
Der erforschte Teil der Einhornhöhle ist etwa 600 Meter lang. Davon können in unseren Tagen 270 Meter im Rahmen einer etwa 45 Minuten währenden Führung besichtigt werden. Als Besuchereingang dient der im Jahre 1905 angelegte Hermann-Löns-Stollen am nordöstlichen Ende des bekannten Bereiches der Höhle. Den Abschluß des Führungsweges bildet die "Blaue Grotte" mit dem einzigen verbliebenen natürlichen Höhleneingang. Durch die Öffnung in der Höhlendecke fällt Tageslicht herein - und mit diesem wie seit Jahr und Tag auch Laub, kleine Tiere und Zivilisationsmüll. An der Blauen Grotte endete einst auch die Führung durch die Höhle. Der dortige Ausgang ist heute aber nicht mehr zugänglich.
An den Höhlendecken können Sie unzählige, meist recht kleine Tropfsteine besichtigen. Beim Gang durch die Höhle fällt außerdem so mancher Wassertropfen auf den Besucher herab. Die Höhlenwände sind obendrein mit zahlreichen historischen Inschriften versehen. Hier haben sich Höhlenbesucher vergangener Zeiten verewigt. Es gibt darunter viele deutlich lesbare Schriftzeichen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die älteste datierbare Inschrift ist rund 600 Jahre alt. Heutigen Besuchern der Höhle wird diese Art von Botschaften an die Nachwelt aber nicht mehr gestattet.
In der kalten Jahreszeit wird die Einhornhöhle zum Rückzugsort für Fledermäuse. Diese geschützten Tiere halten hier ihren Winterschlaf. Aus diesem Grund ist die Höhle - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nur im Sommerhalbjahr für Besucher zugänglich.
Die Einhornhöhle hat von April bis Oktober täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Es finden stündliche Führungen statt, die letzte beginnt eine Stunde vor der Schließung. Auf Anfrage besteht die Möglichkeit von Sonderführungen auch außerhalb der Saison. Aktuelle Informationen finden Sie auf der Webseite der Einhornhöhle.
Sie erreichen die Einhornhöhle über die Bundesstraße 27 bzw. 243. In Scharzfeld folgen Sie der Beschilderung, welche Sie zu einem etwa zwei Kilometer entfernten Parkplatz im Wald führt. Von diesem kostenfreien Parkplatz aus sind noch etwa 300 Meter Fußweg bis zum Eingang der Höhle zu bewältigen. Unweit des Höhleneingangs befindet sich eine Wanderbaude mit Einkehrmöglichkeit und einem kleinen Museum.
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Weitere Informationen:
Bilder von der Einhornhöhle
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