Die Regensteinmühle

rekonstruierte Wasserräder der Regensteinmühle
Das obere, kleinere Wasserrad gehörte einst zur Mahlmühle, das größere untere zur Ölmühle.
Als Regensteinmühle bezeichnet man eine ehemalige Wassermühle im Waldgebiet Heers bei Blankenburg. Diese teilrekonstruierte mittelalterliche Anlage befindet sich etwa einen Kilometer westlich der Burgruine Regenstein am Fuße des markanten Felsmassivs. Sie stellt ein attraktives Wanderziel für alle Altersklassen dar und gleichzeitig auch ein beliebtes Fotomotiv.

Die historische Mühle

Die Regensteinmühle wurde vermutlich mitsamt dem Vorwerk Nienrode in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut. Nienrode befand sich etwa einen halben Kilometer südöstlich der Regensteinmühle im Bereich nördlich des Gipfels des Platenberges und damit ungefähr dort, wo sich heute der Parkplatz der Burg Regenstein erstreckt. Sowohl die Mühle als auch Nienrode gehörten seinerzeit zum Besitz der Regensteiner Grafen und letztendlich zum Versorgungssystem der Burganlage.

Ihr Wasser bezog die Regensteinmühle aus einem 1920 Meter langen Mühlgraben, welcher unterhalb der Mönchemühle den Goldbach anzapfte. Der Wassergraben führte am Hang des heutigen Birkentals entlang und folgte dem Geländeverlauf. Um die Jahrtausendwende wurden von diesem Graben 490 Meter im Vorfeld der einstigen Mühlenanlage rekonstruiert.

Unmittelbar vor den Mühlrädern führten einst zwei erhalten gebliebene Wasserstollen das kostbare Naß durch den Sandstein zur Mühle. Einer dieser Stollen leitete das Aufschlagwasser zum Antrieb der kaskadenartig angeordneten hölzernen Räder weiter, der andere diente dem Abfluß des nicht benötigten überschüssigen Wassers. Durch eine hölzerne Vorrichtung am Mundloch der Stollen war eine Regulierung der Wassermenge möglich. Beide Wasserstollen wurden in reiner Handarbeit mit Schlägel und Eisen in den Fels getrieben.

Etwa bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts war die als Mahl- und Ölmühle genutzte Regensteinmühle in Betrieb. Zu der umfangreichen Mühlenanlage gehörten neben der eigentlichen Betriebsstätte noch diverse mehrstöckige Wohn- und Wirtschaftsgebäude, eine kleine Bäckerei sowie Stallanlagen. Mit dem Beginn der Neuzeit setzte der allmähliche Verfall des stillgelegten umfangreichen Mühlenkomplexes ein.

Bastion und Schleifung

Im 17. und 18. Jahrhundert erfolgte die Integration des Ruinenkomplexes der Regensteinmühle in das Verteidigungssystem der Festung Regenstein. Dabei wurde das Areal zu einer weit vorgelagerten Bastion der preußischen Festung. Details zu dieser militärischen Anlage sind leider nicht überliefert.

Der siebenjährige Krieg wurde so auch zum Schicksal der Überbleibsel der Regensteinmühle. Nach der kampflosen Übergabe der Festung Regenstein an die Franzosen im September 1757 und deren Rückeroberung im Februar 1758 erfolgte auf Anordnung des "Alten Fritz" eine Schleifung aller Festungsbestandteile. Daher sprengten die Preussen im Jahre 1758 auch die verbliebenen restlichen Bauten der mittelalterlichen Mühle. Die Anlage verschwand in der Folge dessen nicht nur physisch, sondern auch aus dem allgemeinen Bewußtsein der Menschen der Umgebung.

Die "vergessene" Ruine

Nachdem die preußischen Truppen ihr Werk vollbracht hatten, gab es für die Menschen vor Ort kaum noch Gründe, sich mit dem einstigen Wirtschaftsstandort zu beschäftigen. Die Regensteinmühle geriet in relative Vergessenheit. Ihre Geschichte und Lage waren zwar noch bekannt, aber das Areal selbst wenig interessant. Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Regensteinmühle vom Chronisten und Regionalhistoriker Johann Christoph Stübner in seinen "Denkwürdigkeiten des Fürstenthums Blankenburg" erwähnt. Die Beschreibung legt nahe, dass seinerzeit noch einige bauliche Überreste der Mahlmühle vorhanden gewesen sein müssen.

Im 19. Jahrhundert wurde die Ruine der Burg und Festung Regenstein immer mehr für touristische Zwecke entdeckt und genutzt. Damit geriet auch das weitere Umland verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Eine Wegbeschreibung des Blankenburger Gymnasiallehrers Rudolf Steinhoff zur Regensteinmühle befindet sich in seinem im Jahre 1891 erschienen Werk "Geschichte der Grafschaft - bezw. des Fürstentums Blankenburg, der Grafschaft Regenstein und des Klosters Michaelstein".

Die genannten Veröffentlichungen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der allgemeine Kenntnisstand der Bevölkerung rund um die Regensteinmühle mehr und mehr zurückging. Nur wenige Eingeweihte verfügten Ende des 20. Jahrhunderts noch über nennenswerte Informationen betreffs des im Heers verborgenen einstigen mittelalterlichen Wirtschaftsbetriebes.

Die "Wiederentdeckung" und Rekonstruktion

Was einmal aus dem Volksgedächtnis verschwunden ist, muss dennoch nicht für alle Zeiten dem Vergessen anheim fallen. Die Geschichte kennt zahlreiche solcher Fälle - und in den späten 1980er Jahren war es dann auch bei der Regensteinmühle soweit: Sie wurde "wiederentdeckt".

In der Zeit von 1988 bis 1991 begann man mit der Freilegung des Ruinenareals der historischen Mahl- und Ölmühle und eines Teils des zu ihr führenden Mühlgrabens. Im einstigen Bett dieses künstlichen Gewässers fanden die Forscher zahlreiche Scherben mittelalterlicher Gefäße, vor allem im Bereich der ehemaligen Wasserentnahmestelle wenige dutzend Meter vor der Einmündung des Grabens in den Wasserstollen.

Ebenfalls in den 1990er Jahren erfolgte eine erste Restauration der beiden hölzernen Räder der Mühle und des Wassergrabens. Schon bald begann jedoch der Zahn der Zeit an den so geschaffenen Objekten zu nagen. Die heute sichtbaren Wasserräder stellen daher bereits die zweite Generation dar, denn in den Jahren 2013 und 2014 erneuerte man jeweils eines der Räder schon wieder. In diesen Jahren wurde auch der bereits rekonstruierte Abschnitt des Mühlgrabens wieder instand gesetzt. Die von verschiedenen Organisationen geförderten Arbeiten erfolgten im Rahmen eines deutsch-französischen Partnerschaftsabkommens. Sie wurden von Jugendgruppen aus beiden Ländern unter fachkundiger Anleitung ausgeführt.

Die beiden hölzernen Wasserräder sind die markantesten Objekte der teilrekonstruierten Mühlenanlage. Das obere und kleinere Rad hat einen Durchmesser von rund vier Meter und gehört zur Mahlmühle. Unterhalb von diesem befindet sich das Wasserrad der Ölmühle mit einem Durchmesser von ca. fünf Metern.

Beide Wasserräder sind Nachbauten, bei welchen die Fundstücke der originalen Räder als Vorlage dienten. Bereits in den 1990er Jahren gab es Pläne zur Rekonstruktion des gesamten Gebäudekomplexes der Regensteinmühle. Diese Pläne existieren auch in unseren Tagen noch.

Der Mühlgraben

Rund ein Viertel des historischen Mühlgrabens der Regensteinmühle ist derzeit rekonstruiert und im Rahmen einer Wanderung gut zu erkunden. Im derzeitigen Zustand wäre der Wassergraben allerdings nicht funktionsfähig, weshalb er folgerichtig das ganze Jahr über trocken liegt.

Zwei parallel verlaufende Wanderwege führen an dem etwa 490 Meter langen Teil des rekonstruierten Grabenabschnittes entlang. Einer dieser Wege befindet sich auf dem Damm und damit in unmittelbarer Nähe des Wassergrabens. Der andere Weg verläuft oberhalb am Hang und bietet schöne Ausblicke auf den Mühlgraben. Es gibt mehrere Verbindungen zwischen diesen beiden Wegen, so dass Sie problemlos hin- und herwechseln können. An den Strecken stehen jeweils mehrere Hinweistafeln mit Erläuterungen zu den einzelnen Grabenabschnitten sowie deren Bedeutung und Funktion.

Der obere Weg führt Sie zu einem Aussichtspunkt am Felshang direkt über der einstigen Mühlenanlage. Von dort genießen Sie einen abwechslungsreichen Blick ins Tal auf Teile des rekonstruiertes Objektes, den dortigen Weg mit Sitzbänken sowie die hölzerne Schutzhütte. Darüber sehen Sie in der Ferne das scheinbar endlose Meer der Baumwipfel des Heers.

Der untere Weg führt an den bereits erwähnten Wasserstollen vorbei. Es folgt ein steile und beschwerliche Strecke, über welche einst der Zugang vom Vorwerk Nienrode zur Mühle erfolgte. Im Sandstein befinden sich tief eingearbeitete Rinnen als Spuren aus längst vergangenen Zeiten. Die Bewältigung dieses Wegabschnittes stellt eine kleine Herausforderung dar.

Als Lohn der Mühe erwartet Sie aber gleich darauf der Anblick der rekonstruierten Wasserräder der Regensteinmühle. Sie stehen vor einer mächtigen, beinahe senkrecht aufragenden Sandsteinwand. In dieser befinden sich zahlreiche Löcher, welche einst die Tragbalken des Mühlengebäudes aufnahmen.

Oberhalb der Wasserräder sind die Mundlöcher der Wasserstollen zu sehen. Am Wegesrand liegen mehrere alte Mühlsteine. Des Weiteren gibt es am Fuße der historischen Mühlenanlage diverse Hinweistafeln und eine kleine Sitzgruppe, welche zu einer kurzen Rast einlädt.

Heutige Bedeutung und Wanderziel

Die Regensteinmühle gehört zu den zahlreichen sehenswerten Orten im Heers und hat in den letzten Jahren einen weit über das regionale Umfeld hinaus reichenden Bekanntheitsstatus erlangt. Auf vielen Wegweisern im gesamten Waldgebiet wird auf den ehemaligen Mühlenstandort hingewiesen. Somit stellt die Regensteinmühle heute ein attraktives Wanderziel für Menschen jeden Alters dar, wobei vor allem die beiden markanten Wasserräder beliebte Objekte für Film- und Fotoaufnahmen sind.

Im näheren Umfeld gibt es eine Vielzahl weiterer Wanderwege mit zahlreichen Wegkreuzungen und -gabelungen. Diese führen zu interessanten Zielen wie z.B. zu den Sandhöhlen, zur Bastion Ludwigsburg, zum Großen Papenberg und natürlich zur Ruine der Burg und Festung Regenstein. Die Waldwege ermöglichen attraktive Rundwanderungen mit unterschiedlicher Länge und verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Beachten Sie jedoch, dass all diese Wege nicht barrierefrei sind.

Die Regensteinmühle befindet sich an einer steilen Felswand. Auch wenn diese Sandsteinformation zum Klettern verleiten mag - tun Sie es bitte nicht! Ein Betreten des Felsareals ist nicht nur gefährlich, sondern auch ausdrücklich verboten. Bei ernsthaften Verletzungen an diesem schwer zugänglichen Ort wäre Hilfe außerdem nur mit erheblichen Verzögerungen verfügbar.

Wer an der Regensteinmühle eine Rast einlegen möchte, kann dies selbstverständlich tun. Es stehen diverse Sitzgelegenheiten zur Verfügung. Für das leibliche Wohl müssen Sie allerdings selbst sorgen. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es weder eine Gaststätte noch einen Imbiß. Derartige Einrichtungen finden Sie in der nahen Stadt Blankenburg oder mit "Jogys Waldkneipe" im Heers in etwa drei Kilometer Entfernung.

Anreise

Für eine Wanderung zur Regensteinmühle sind mehrere Ausgangspunkte gut geeignet. Beinahe ideal ist der kostenlose Parkplatz an der Bundesstraße 81 zwischen dem Weiher Pfeifenkrug und dem Autobahnanschluß Blankenburg-Mitte. Von dort geleitet Sie ein beschilderter Weg zu der rund 700 Meter entfernten einstigen Wassermühle. Diese Route führt u.a. direkt am rekonstruierten Mühlgraben entlang.

Alternativ bietet sich der Parkplatz an der Burg Regenstein als Startpunkt für eine Wanderung an. Ein ebenfalls gut ausgeschilderter Weg verläuft von dort nahe des Waldrandes in Richtung Westen. Die Entfernung bis zu dem mittelalterlichen Mühlenstandort beträgt wiederum etwa 700 Meter.

Beide Strecken bieten verschiedenste Varianten, welche jeweils auf anderen Wegen zur Regensteinmühle führen. Es empfiehlt sich daher, die Tour als Rundwanderung zu gestalten. Vor Ort gibt es inzwischen eine vorbildliche Beschilderung, welche auch für spontane Zielsetzungen sowie Anregungen bei der Routenplanung genutzt werden kann.


Weitere Informationen:
Die Burgruine Regenstein | Der Heers | Der (ehemalige) Mühlenwanderweg bei Blankenburg | Wasserstollen und Mühlgraben der Regensteinmühle

In der näheren Umgebung befinden sich:
Blankenburg | Die Bastion Ludwigsburg | Der Brockenstedter Mühlenteich | Der Große Papenberg | Der Grüne Hof | Der Pastorenstein | Die Sandhöhlen | Der Goldbach | Die Teufelsmauer

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